Das Buch

So war es

Die ersten Jahre dreier junger ungarischer Flüchtlinge in der Schweiz

Im Dezember 1956 fliehen sechs ungarische Schüler infolge der Revolution, doch kommen in Österreich nur noch die drei Király-Geschwister und ein Freund an. Von dort aus gelingt es den zwei Király-Brüdern und ihrer Schwester Maria, Autorin dieses Buches und damals gerade 16 Jahre alt, in die Schweiz einzureisen.

Häufig gehen Briefe zwischen den Kindern und ihren in Ungarn gebliebenen Eltern hin und her, und immer bleibt die Hoffnung, sich eines Tages wiederzusehen …

Maria Király erzählt in „So war es“ von der abenteuerlichen Grenzüberschreitung und ihren ersten Jahren in der Schweiz, wo es besonders ohne Sprachkenntnisse nicht leicht ist zurechtzukommen. Dieses Buch ist eine wahre Geschichte, ergänzt durch Aquarellbilder des Vaters Endre Király.

Für das Lernen interessierte sich Csuresz aber nicht. Er war im zweiten Jahr, als er wegen seiner Undiszipliniertheit vom Lehrer aus der Klasse geschickt wurde. Vor der Tür drehte sich Csuresz um und sagte etwas politisch Provozierendes. Der Satz verursachte riesige Empörung, der Lehrer zeigte ihn an und Csuresz wurde verhaftet, zu einem Jahr Zwangsarbeit verurteilt und aus allen Schulen des Landes endgültig ausgeschlossen. Nach einem Jahr kam Csuresz zurück nach Vác. Er musste aber weiterhin unter Polizei-Bewachung leben. Er schuftete irgendwo als Arbeiter.

So wunderte ich mich nicht, dass er das Land verließ und nach Wien auswanderte. Ganz ehrlich gesagt war ich ein bisschen neidisch auf ihn. Ich wäre gern an seiner Stelle gewesen und hätte die glitzernden Schaufenster in Wien bewundert. Ich war gerade in einem Alter, in dem man alles entdecken möchte. Ich sehnte mich schon als 13- oder 14-Jährige danach, die Welt kennenzulernen.

Eines Tages bekamen wir von Tante Cécile eine bunte Ansichtskarte vom Genfer-See, die ich mit schmerzendem Herzen bewunderte. Mir war bewusst, dass ich diese wunderschöne Landschaft nie sehen würde, und fühlte mich wie in Gefangenschaft. Meine Teenager-Seele lehnte sich immer öfter gegen die geschlossenen Grenzen auf. Es kam vor, dass sich diese Auflehnung in scheinbar unmöglichen und naiven Aussagen offenbarte. Dies geschah auch im Sommer 1955, als ich zum Geburtstag ein paar Wanderschuhe bekam. Meine erste Wanderung mit Vati führte mich nach Magyarkút. Von diesem Tag habe ich nur behalten, dass wir zu zweit waren. Während des Spaziergangs sprachen wir über die Alpen, und ich sagte trotzig: „Siehst du, Vati, diese Schuhe werden bestimmt die Gipfel Europas besteigen!“

Noch heute sehe ich Vatis gütiges, zweifelndes Lächeln. Ich weiß nicht mehr, was er geantwortet hat, aber sein Gesicht werde ich nie vergessen. Es waren Zweifel und Hoffnung und auch etwas Versöhnliches darin, da dieser Satz damals wie naive Träumerei erschien.